Waldpolitik

Dürre, Borkenkäfer, Fichtensterben... Der Wald befindet sich in einer Krise. Krisen sind Chancen für Veränderungen. Wir brauchen eine neue Waldpolitik, weg vom Holzanbau in Plantagenform hin zum Naturwald.
Lesen Sie hier verschiedene Beiträge zum Thema Wald und wie wir uns den Wald der Zukunft in Roetgen vorstellen.
Viel Spaß!

Der Wald der Zukunft, Grünes Blättchen Nr. 94
Unser Buchtipp: Der Holzweg - Wald im Widerstreit der Interessen, Oekom-Verlag
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Wald


Der Wald der Zukunft

Stürme, Trockenheit, Borkenkäfer: unser Forst leidet. Viele Bäume – vor allem Fichten – sind abgestorben, kahle Flächen im Wald zeugen davon. Der Niedergang der Fichte ging jetzt erschreckend schnell, aber er war vorhersehbar. Dieses Walddrama spielt sich nicht nur bei uns ab, sondern auch in vielen anderen Wäldern Deutschlands, meist mit deutlich drastischeren Auswirkungen. Uns hat es noch glimpflich erwischt. Über eine lange Zeit hat die Fichte die Hoffnungen vieler Waldbesitzer auf schnelle, gute Erträge erfüllt. Der Zusammenbruch der Bestände ist jedoch hausgemacht. Die intensive Bewirtschaftung gibt dem „Ökosystem Wald“ keinen Raum. Erntepanzer namens Harvester zerstören den empfindlichen Waldboden. Monokulturen bieten Schädlingen wie dem Borkenkäfer eine riesige Angriffsfläche. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Genau, aus der intensiven Landwirtschaft! Monokulturen, tote Ackerböden und reichlich Einsatz von Ackergiften, um „Schädlinge“ und „Unkraut“ im Zaum zu halten mit der Folge, dass das Insektensterben bedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Chance für natürliche Entwicklung

Ich bin keine Freundin unserer Fichtenforste, ich mag wilde, bunte Laub-Mischwälder viel lieber. Aber die Bilder von den abgestorbenen Fichten beeindrucken auch mich. Beim Anblick der Baumgerippe denke ich als Naturschützerin dann wohl mehr an die Chancen, die der Wald und die Natur jetzt bekommen könnten, sich endlich wieder natürlich zu entwickeln. Ich denke, wie viele Käfer, Pilze, Moose und andere Lebewesen von den toten Stämmen profitieren könnten, wenn man sie denn dort stehen oder liegen ließe. Vor meinem inneren Auge setzt schon die Sukzession ein, die natürliche Wiederbewaldung aus Baumsamen, die schon vorhanden sind. Bereits in diesem Jahr werden die ersten Sämlinge aus der Erde sprießen. Birken, Weiden, Ebereschen, Eichen, alles schon da!

Was tun?

Für eine Gemeinde, die Wald besitzt und Holz produziert, sind auch andere, wirtschaftliche Aspekte wichtig. Dort, in der Forstverwaltung und im Umweltausschuss, stellt sich jetzt die Frage: Was tun? Im Moment scheiden sich daran noch die Geister. Man konzentriert sich nur darauf, schnell neue Bäume zu pflanzen, und zwar möglichst Arten aus anderen Ländern, von denen man glaubt, dass sie mit Trockenheit und Klimakrise besser zurecht kommen…
Wir halten das für blinden Aktionismus und haben deswegen auch dem Forstwirtschaftsplan für 2021 nicht zugestimmt. Blind, weil man sich nicht erst einmal damit auseinandersetzt, was hier passiert ist und warum es passiert ist. Dazu gehört für uns auch, sich anzuschauen, welche Waldtypen denn z.B. gut mit den Wetterextremen der letzten Jahre zurecht gekommen sind und warum das so ist. Was können wir daraus lernen und welche Fehler sollten wir nicht wiederholen? Man setzt sich auch nicht mit der Frage auseinander, was denn jetzt eigentlich unser waldbauliches Ziel für die Zukunft sein soll. Dabei sollte doch genau diese Frage als erste beantwortet werden.

Fachtagung „Wald der Zukunft“

Wir möchten gemeinsam mit allen politischen Kräften, mit der Verwaltung, unserem neuen Förster und mit den Menschen, die hier leben, die Frage nach dem Ziel beantworten und ein Leitbild für unseren Wald der Zukunft entwickeln. Dabei wollen wir an die Leitlinien anknüpfen, die vor zwei Jahren von einem interfraktionellen Arbeitskreis erarbeitet und vom Gemeinderat beschlossen wurden. Jetzt gilt es, diese Ideen mit den neuen Akteur*innen in der Gemeinde zu diskutieren und zu konkretisieren. Wir möchten die wichtigen ökologischen Funktionen des Waldes wieder mehr in den Fokus rücken, ohne uns dem Aspekt, dass Wald auch Holz liefern kann und soll, zu verweigern. Für diesen Prozess sollten wir uns genügend Zeit nehmen, denn es gilt sich mit vielen Fragen zu beschäftigen. Mit einer öffentlichen Fachtagung „Der Wald der Zukunft“ unter Beteiligung verschiedener Fachreferent*innen möchten wir dieses Jahr in die Diskussion einsteigen.

Krise ist auch immer eine Chance

Die Entscheidung über den Wald der Zukunft in Roetgen ist nicht in erster Linie eine forstwirtschaftliche, sondern eine politische Entscheidung. Wir stehen in Deutschland mit unserer traditionellen Forstwirtschaft gerade an einer Abbruchkante. Wenn wir den Kollaps unserer Erde noch aufhalten wollen, müssen wir jetzt umsteuern und alle unsere Wirtschaftszweige so umbauen, dass Zukunft möglich wird, auch im Wald. Nicht, weil wir Grüne Spaß daran haben, sondern weil es für die Menschheit überlebenswichtig ist. Alle Parteien müssen sich dem Thema stellen, wenn sie Verantwortung für die Zukunft übernehmen wollen. Auch die Bundesregierung und die Landesregierungen sind hier gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen.

Der monetäre Blick ist zu kurzsichtig

Das Thema Wald ist ein schönes Beispiel, wie man verschiedene Aspekte und Werte politisch gegeneinander abwägen kann. Und da ist mir der rein monetäre Blick auf unseren Gemeindehaushalt oder auf den Forstwirtschaftsplan viel zu kurzsichtig. Wir müssen hier viel weiter schauen: "global denken, lokal handeln". Der Erholungswert, Umweltbildung, die vielen Ökosystemleistungen des Waldes, seine Bedeutung für die Biodiversität: das sind alles sehr hohe Werte! Und ich finde, die Gemeinde muss – als öffentliche Waldbesitzerin – dafür sorgen, dass der Wald als Ökosystem gut "funktionieren" und diese Werte erbringen kann. Nur das ist nachhaltig!

Wenn der Wald nicht funktioniert?

Wer zahlt für die Schäden, wenn der Wald nicht „funktioniert“, für die toten Bäume, für den Bau von Hochwasserrückhaltebecken und für die Notwasserversorgung, wenn die Talsperre leer ist? Wer zahlt für die gesellschaftlichen und menschlichen "Schäden", die entstehen, wenn Generationen von Kindern naturfern aufwachsen? Oder wenn der Verlust der Biodiversität weiter voranschreitet und möglicherweise neue Pandemien verursacht? Es ist immer billiger, vorausschauend und präventiv zu handeln und die Ursachen für Fehlentwicklungen zu verändern, als hinterher mit hohem technischen Aufwand Symptome zu bekämpfen oder Schadensbeseitigung zu betreiben!
Im Gemeindehaushalt lassen sich die positiven Werte und die Folgekosten nicht unterbringen, u.a. deshalb nicht, weil man sie nicht einfach so beziffern kann. Trotzdem sind sie ja da. Und sie sind für uns als Grüne wichtige Argumente bei der Abwägung über den Wald der Zukunft auch im kleinen Roetgen.


Grünes Blättchen Nr. 94, Christa Heners


Unser Buchtipp: Der Holzweg

Der Holzweg: Wald im Widerstreit der Interessen
Herausgegen von Hans D. Knapp, Siegfried Klaus und Lutz Fähser
Oekom-Verlag


Dieses Buch ist ein Füllhorn aktuellen Waldwissens. Es geht den Fragen nach, wie es zu der Waldkrise gekommen ist, die wir jetzt erleben, und wie die Lösungen aussehen können. Die traditionelle Forstwirtschaf befindet sich auf dem Holzweg, das liegt auf der Hand. Und auch die Antworten liegen auf der Hand: Naturnahe Waldwirtschaft, Dauerwald, Waldnaturschutz, Prozessschutz, Naturwaldzellen... Das Buch liefert ein wunderbares Gesamtbild, wie wir mit Wald umgehen müssen, damit die Natur sich wieder entfalten kann.


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